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Thema: Gedanken einer jungen Fürstin Fr Feb 22, 2008 3:02 pm
Malyara saß in ihrem prunkvoll eingerichteten Zimmer in Silbermond und starrte auf einige Pergamente, die vor ihr auf dem Schreibtisch ausgebreitet waren. Sie war nun schon seit einigen Monaten Fürstin des Hauses Feuerschwinge. Und von allen Blickwinkeln gerechtfertigt Fürstin des Hauses. Doch das wusste niemand. Niemand außer ihr... Sie hatte Lady Syrielle ein Versprechen gegeben. Schon vor so langer Zeit, wie es ihr schien. Malyara hatte ihr versprochen zu schweigen. Und so schwieg sie. Unter den wachsamen und missbilligenden Blicken der anderen war sie von der Rechten Hand zur Fürstin aufgestiegen, als Lady Syrielle gefallen war – von den ruchlosen Sehern heimtückisch ermordet. Für die anderen Mitglieder des Hauses war Malyara nichts weiter als ein unerfahrenes Mädchen gewesen, dass zu schnell an zu viel Macht gekommen war. Doch sie irrten sich. Aber Malyara schwieg. Weil sie ihr Wort gegeben hatte. Sie schwieg und arbeitete sich mühsam in der Achtung des Hohen Rates nach oben. Sie tat es auch für sich selbst. Denn obwohl sie wusste, dass sie alle Ansprüche auf ihre neues Amt hatte, wollte sie auch sich selbst beweisen, dass sie diese zurecht besaß. Malyara wischte mit einer wütenden Handbewegung die Pergamente vom Tisch und erhob sich. Sie konnte jetzt beim besten Willen nicht arbeiten. Mit schnellen Schritten war sie aus der Tür, durchschritt die Gänge und Hallen des Feuerschwingen-Domizils und verließ dieses schließlich. Ihr Weg führte sie durch die Tore Silbermonds und zu dem kleinen See direkt außerhalb der Stadt. Dort ließ sie sich auf den steinernen Stufen nieder und starrte in das funkelnde Wasser, in dem sich der Mond spiegelte. Ihre Gedanken führten sie weit fort. Zu anderen, längst vergangenen Zeiten. Zeiten, in denen es noch keinen Krieg gab. Keine Angst. Keinen Verrat... Die Zeit, als sie noch ein Kind war... Als Kind war sie zusammen mit Shynái aufgewachsen, beinahe als wären sie Schwestern. Auch das wusste kaum jemand. Bis sie schließlich vom Orden der Blutritter geholt wurde, um dort ausgebildet zu werden. So wie ihre Mutter es gewünscht und seit der Geburt Malyaras bestimmt hatte. Malyara lächelte freudlos. Ihre Mutter...sie war ihr nie eine Mutter gewesen...Doch Malyara machte ihr keine Vorwürfe. Wie könnte sie auch? Die Zeiten waren hart. Und wenn man führen musste, blieb keine Zeit für seine Kinder. Dafür gab es Hauslehrer, Gouvernanten und Kindermädchen. Leute, die diese Arbeit gelernt hatten, und durch die man sich den wichtigeren Dingen zuwenden konnte. Und diese wichtigen Dinge nahmen, wie Malyara jetzt wusste, alle Zeit in Anspruch, die man hatte...und oft sogar Zeit, die man nicht hatte... Malyara starrte noch eine Weile auf die ruhige Oberfläche des Gewässers. Dann erhob sie sich abrupt und machte sich wieder auf den Rückweg zu ihren Schreibarbeiten. Sie war im Moment nicht dazu aufgelegt, diese Arbeit zu erledigen. Aber ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse waren bedeutungslos. Sie hatte mit dem Amt der Fürstin ein hohes Maß an Verantwortung übernommen, und musste diese nun tragen. So oder so...die unbeschwerten Zeiten, in denen sie tun konnte, wonach ihr war, waren vorbei. Schon seit so langer Zeit vorbei...
Malyara Fürstin
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Thema: Re: Gedanken einer jungen Fürstin Fr März 28, 2008 2:59 am
Malyara ließ erneut ihren Blick über die Zeilen des Pergaments schweifen, die sie nun schon so oft gelesen hatte, dass sie diese auswendig hätte aufsagen können. Als sie die Nachricht erhalten hatte, hatte sie es nicht fassen können. Sie hatte es nicht glauben können. Und auch nicht glauben wollen. All ihre Hoffnungen schienen in diesem einzigen Augenblick zerronnen zu sein. Zerstört, als hätte jemand mit einem Hammer auf ein Glasgebilde geschlagen. Es war nur eine von vielen Nachrichten, die sie in jener verhängnisvollen Nacht erhalten hatte. Und doch war sie die Schecklichste von allen. Der Prinz war gefallen. Es hatte einen großen Tumult in der Festung der Stürme gegeben, die Kael'thas Sonnenwanderer, ihr über alles geliebter Prinz und Erlöser, eingenommen und zu seiner neuen Residenz in der Scherbenwelt ernannt hatte. Irgendetwas war passiert und hatte in einem grausamen Blutbad geendet, das Dutzende Sin'dorei das Leben gekostet hatte. Es gab nur einen überlebenden Augenzeugen, der aufgrund seiner schweren Verletzungen allerdings auf der Schwelle zum Totenreich stand. Er wurde derzeit von den besten Sonnenpriestern Silbermonds behandelt und betreut, doch niemand konnte sagen, ob er überleben würde. Er hatte, wie Malyara aus äußerst zuverlässiger Quelle berichtet worden war, nur einen einzigen Satz von sich gegeben, als sie ihn gefunden hatten: „Der Prinz ist gefallen“. Die Ereigniss hatten sich überschlagen und waren derart chaotisch, dass sich nicht sagen ließ, was genau eigentlich vor sich ging. Doch eines hatte sich relativ deutlich herauskristallisiert: Der Prinz war nicht mehr er selbst. Es wurde spekuliert, dass er wohl von einer dämonischen Entität besessen sein müsste oder etwas in dieser Art. Die grauenvollen dämonischen Energien, die Tag für Tag auf ihn herniedergeprasselt waren, hatten ihn anscheinend schließlich überwältigt. Sie mussten seine Seele vernichtet und seinen Körper übernommen haben. Er war gefallen... Und viele seiner treuen Anhänger waren von der dämonischen Energie korrumpiert und um den Verstand gebracht worden. Malyara las die Zeilen erneut und etwas Nasses tropfte auf das Pergament und ließ die Tinte dort, wo es aufgetroffen war, verlaufen. Malyara starrte auf die Träne, die langsam in das Pergament sickerte. Wütend fuhr sie mit der Hand über den Brief, was die Tinte allerdings nur noch mehr verwischte. Voller Zorn ließ sie glühendheiß das Licht durch ihre Hand fließen und verbrannte damit das Schriftstück zu Asche. Beim Sonnenbrunnen, sie war die Fürstin des Hauses Feuerschwinge, keine schluchzende Göre! Sie durfte keine Schwäche zeigen! Ein Anführer musste stark sein! Stark wie Kael'thas es gewesen war! Er hatte bis zum letzten Atemzug gekämpft, dessen war sie sich sicher. Er hatte diesen Dämonen kein leichtes Spiel gelassen. Er hatte keine Schwäche gezeigt, bis sie schließlich übermächtig wurden und ihn überwältigen konnten. Er war ein wahrer Held! Das Sinnbild eines Anführers! Und nun war seine sterbliche Hülle zum Sonnenbrunnenplateau zurückgekehrt, um dort in seinem Namen Böses zu tun. Aufgewühlt und zornig schritt Malyara in ihrem Arbeitszimmer auf und ab. Es würde nicht leicht werden ohne ihn. Sein Verlust hatte einige der Rekruten so sehr erschüttert, dass diese zusammengebrochen waren. Sein Tod war ein schwerer Schlag für die Sin'dorei. Sie wurden in ihren Zielen ein großes Stück zurückgeworfen. Das Bündnis mit Illidan Sturmgrimm, das ihnen zu neuer Macht verholfen hatte und diese weiterhin vergrößert hätte, war aufgelöst Malyara begann, auf ihrer Unterlippe zu kauen, während sie weiter durch den Raum stapfte. Der Lordregent war nicht der geeignete Nachfolger für den Prinzen, so viel stand fest. Er war zu schwach im Geiste. Ließ sich zu sehr von den Wilden beeinflussen. Er war zu ehrlich. Er vermochte nicht, nach einem neuen Bündnis hinter dem Rücken der Horde zu suchen. Doch genau das brauchten sie. Denn die Horde würde es niemals zulassen, dass die Sin'dorei sich neu erhoben. Doch noch schwerer enttäuscht war Malyara von Lady Liadrin, der Obersten des Blutritterordens. Diese hatte sich, ohne den Rest des Ordens davon zu unterrichten, mit einer kleinen Leibgarde auf den Weg nach Shattrath gemacht, um sich dort den widerlichen Naaru anzuschließen. Und nicht nur das, sie hatte ihnen die Hilfe und Ergebenheit des gesamten Ordens versprochen. Malyara war alles andere als einverstanden mit dieser Entscheidung. Wütend ballte sie die Hände so fest zu Fäusten, dass ihre Fingernägel in die Handfläche schnitten. Sie hatte das beunruhigende Gefühl, als würde ihr alles entgleiten. Alles, was sie sich so mühsam über so lange Zeit aufgebaut hatte, selbst alles, was Lady Syrielle vor ihr aufgebaut hatte, schien sich ihrer Kontrolle zu entziehen. Es durfte nicht sein! Es durfte nicht alles umsonst gewesen sein! Es durfte nicht scheitern! Das Fortbestehen des gesamten Volkes der Sin'dorei hing von ihnen allen ab. Von jedem einzelnen Blutelfen. Doch noch mehr von ihr... Denn ihr als Fürstin oblag die Aufgabe, ihr Haus zusammenzuhalten, neue Hoffnung zu geben und nun noch energischer daran zu arbeiten, die Sin'dorei zu einen und den Weg ihres Prinzen weiter zu beschreiten. Sie durfte keine Schwäche zeigen, denn das würde all ihre Arbeit zunichte machen. Sie musste ein Vorbild sein. Malyara starrte mit geballten Fäusten zu der verzierten Zimmerdecke. Sie würde keine Schwäche zeigen, weil sie keine Schwäche hatte! Sie war stark! Sie war unerschütterlich! Sie- Mit einem lauten Geräusch, halb Schluchzen, halb Heulen, schien Malyara alle Kraft verlassen zu haben und sie sank zu Boden. Sie krümmte sich zusammen und heiße, lange zurückgehaltene Tränen rannen ihre Wangen hinab und tropften auf den mit einem weichen Teppich ausgelegten Boden, während sie von unkontrolliertem Schluchzen gebeutelt wurde. Sie durfte keine Schwäche zeigen...niemandem gegenüber...nicht einmal sich selbst gegenüber... Sie hielt inne und hob den tränenverschleierten Blick. In ihrem Studium zur Seelenheilerin hatte sie einmal einen weisen Spruch gelesen: „Gram, der nicht spricht, presst das beladene Herz bis es bricht...“ Sie würde nicht zerbrechen...sie durfte nicht zerbrechen...doch sie konnte nicht reden... Sie durfte keine Schwäche zeigen. Niemandem gegenüber. Sie erhob sich, wischte sich unwirsch die Tränen aus dem Gesicht und starrte in einen silbernen Spiegel, der an der Wand hing. Niemandem gegenüber. Nicht einmal sich selbst.
Malyara Fürstin
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Thema: Re: Gedanken einer jungen Fürstin Mo Jul 28, 2008 11:31 am
Zwei kleine Elfenmädchen, beide vielleicht um die zehn, höchstens aber elf Menschenjahre, tollten fröhlich lachend durch das hohe Gras einer blühenden Blumenwiese, die einen Hof innerhalb eines prachtvollen Gebäudes bildete. Das Haar des einen Mädchens wehte hinter ihr her wie ein Vorhang aus purem Gold, der in der Sonne hell strahlte, während die glänzenden Locken des anderen Kindes von einem derart kräftigen Rot waren, dass es an reife Kirschen erinnerte. Beides waren Waisenkinder, die gütigerweise nicht in das öffentliche Waisenhaus der Stadt gebracht worden waren, sondern derer sich eines der mächtigsten Adelshäuser angenommen hatte. Das von Kindlicher Unbekümmertheit erfüllte Spiel wurde allerdings jäh von der kalten Stimme einer älteren Elfe mit strengem Gesicht unterbrochen. „Mädchen! Es ist Zeit für den Unterricht!“ Die beiden Kinder ließen die Schultern hängen, machten ein missmutiges Gesicht und trotteten unwillig zu der Elfe, die gerufen hatte. „Aber wir sind doch gerade eben erst fertig geworden für heute!“, beschwerte sich die Blonde. „Genau! Wir haben doch schon so viel gelernt!“, unterstützte sie die Rothaarige. „Wollte ihr wohl ruhig sein! Heute beginnt eine völlig neue Art von Unterricht für euch beide. Du meldest dich bei Major Morgennebel, und du bei Magister Sonnenfeuer. Hopp hopp!“ Doch anstatt den Anweisungen nachzugehen, starrten sich die beiden Mädchen nur ungläubig an. Seit sie in das Haus gebracht worden waren, waren sie nie länger als ein paar Augenblicke voneinander getrennt gewesen. Sie waren in dieser Zeit beste Freundinnen geworden und hatten sich geschworen, das auch immer zu bleiben. Und jetzt sollten sie plötzlich auseinandergerissen werden..? Impulsiv warf sich die Blonde um den Hals des anderen Mädchens und rief: „Nein! Ich gehe nicht weg von Shy!“ Die Elfe seufzte, so als hätte sie eben diese Reaktion erwartet. Auf einen Wink traten plötzlich zwei Soldaten auf die Wiese, die vorher nicht zu sehen waren. „Nehmt sie mit“, befahl die Elfe kalt. Beide Mädchen wurden von jeweils einem der Soldaten grob am Arm gepackt und in verschiedene Richtungen davon geschleift. Die Kinder schrien laut, zappelten und traten um sich, doch die erwachsenen und ausgebildeten Wächter waren wesentlich stärker. Verzweifelt streckte Malyara die Hand in Richtung ihrer besten Freundin aus, die Augen voller heißer Tränen. Dann war sie auch schon um die Ecke und außer Sicht. Die Elfe seufzte wieder. „Kinder...“
„Zieh das an, aber hurtig!“, bellte der Ausbilder das kleine Mädchen an, das vor Schreck über die laute Stimme zusammenzuckte. „Aber-“, begann die Kleine, wurde aber jäh durch einen unsanften Schlag auf den Hinterkopf unterbrochen. „Du sollst nicht reden, du sollst das anziehen!“, blaffte der Elf und zeigte auf die kleine verbeulte und abgenutzte Plattenrüstung, die an einem dafür vorgesehenem Ständer hing. Eingeschüchtert betrachtete das Mädchen die sehr schwer und massiv wirkende Rüstung. Ein erneuter Schlag auf den Hinterkopf ließ sie wieder zusammenzucken und sie musste mit großer Anstrengung die Tränen unterdrücken, die in ihren Augen aufstiegen. Hastig trat sie zu dem Rüstungsständer und hob vorsichtig eine der Schulterplatten an, die in der Tat sehr schwer war. „Rede ich zwergisch oder was ist los? Anziehen habe ich gesagt, aber hurtig!“ Das Kind beeilte sich, die schweren Schulterplatten herunterzuheben und auf den Boden zu legen. Schon jetzt taten ihr die Arme weh. Dann griff sie nach dem Brustpanzer, hob ihn mit Mühe vom Rüstungsständer und über ihren Kopf, um diesen durch die Halsöffnung im zerkratzten Metall zu stecken. Das Gewicht des Brustpanzers ließ das Mädchen beinahe in die Knie gehen, doch sie biss die Zähne fest aufeinander und begann damit, die abgewetzten Lederschnallen an der Seite zu schließen. Sie wagte es nicht, den Blick von ihrer Arbeit zu nehmen und auf den Ausbilder zu richten, der sicherlich mit verschränkten Armen und ungeduldig auf einem Stück Blutdistel kauend dastand und missbilligend ihr schwächliches Schauspiel beobachtete. Als der Panzer korrekt geschlossen war griff die Kleine nach den Schulterplatten. Die Ohrfeige traf sie hart und unerwartet, sodass sie durch das Gewicht der Rüstung in die Knie ging und auf dem kalten Steinboden aufschlug. „Was habe ich dir beigebracht, du nutzloses Gör?“, schnautzte der Elf. „Die Schultern kommen als vorletztes! Und jetzt steh auf! Das ist ja erbärmlich!“ Das Mädchen mühte sich mit aller Kraft, sich wieder zu erheben, doch die Rüstung war zu schwer, und so sackte sie erschöpft wieder zusammen, das Gesicht über und über mit glänzenden Schweißperlen bedeckt. „Das ist erbärmlich!“, schrie der Ausbilder wieder. „Du bist eine Schande, Mädchen! Eine Schande für deine verstorbenen Eltern! Eine Schande für das Haus! Und eine Schande für dein Volk!“ Er spuckte auf den Boden. „Geh mir aus den Augen und wage dich erst wieder in mein Blickfeld, wenn du mit dieser Rüstung einmal durch den Hof laufen kannst!“ Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging. Nun ganz allein lag die kleine Malyara auf dem kalten Stein der Übungshalle und schluchzte leise.
Malyara Fürstin
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„Rücken gerade! Schultern zurück und Kinn nach oben! Das kann doch nicht so schwer zu merken sein, Kind!“ Malyara saß an einer reich gedeckten Tafel, auf der sich zwar keinerlei Essen befand, dafür aber umso mehr verwirrendes Geschirr, Besteck und ähnliche Dinge. Eine Weidenrute traf Malyaras empfindliche Fingerknöchel mit erstaunlicher Präzision und sie zuckte zusammen und stieß einen leisen Schmerzensschrei aus. „Finger vom Tisch, Mädchen!“, keifte die Gouvernante. Malyara beeilte sich, der Anweisung nachzugehen. Ein erneuter Schmerz durchzuckte sie, als die Rute auf ihre Oberschenkel traf. „Beine zusammen, wie sieht das denn aus?! Deine Knie müssen sich berühren, oder willst du dich etwa anpreisen wie eine leicht zu habende Dirne?“ „Nein, Ma'am!“, antwortete Malyara pflichtbewusst, auch wenn sie noch nicht genau verstand, was mit dem Begriff „Dirne“ wohl gemeint war. Das einzige, was sie wusste, war, dass dies etwas sehr schlechtes war und sie nicht den Eindruck erwecken sollte, eine zu sein. Dies wurde ihr eingebläut. Und es verging kein Tag, an dem sie nicht daran erinnert wurde. „So, nun das Portweinglas...“ Hastig griff Malyara nach dem benannten Glas und hielt es ungeschickt in ihrer Hand. Als die Rute sie am Handgelenk traf, hätte sie um ein Haar das Glas fallen lassen, was ihr mit Sicherheit eine weitaus schlimmere Strafe eingebracht hätte. „Finger spreizen, Finger spreizen!“, blaffte die Gouvernante gereizt. „Kind, du kostest mich noch den letzten Nerv!“ Malyara spreizte eilig den kleinen Finger. Sie rang kurz mit sich selbst, dann sprach sie, jedoch ohne zu ihrer Ausbilderin aufzusehen. „Ma'am? Darf ich eine Frage stellen?“ „Nein, das darfst du nicht – Rücken gerade!“ Malyara biss die Zähne zusammen, als der Schmerz durch ihren Rücken zuckte. Doch sie gab nicht so leicht auf. „Ma'am, wieso muss ich derart intensiv in Etikette ausgebildet werden?“ Sie spannte sich und erwartete den kommenden Sturm, der wohl gleich über sie hereinbrechen würde. „Bitte?! Ist das wirklich dein Ernst Mädchen?!“, keifte die Ältere. „Das ist also dein Dank dafür, dass die ehrenwerte Fürstin dich in ihrem Hause aufgenommen hat, anstatt dich in einem Weisenhaus vegitieren zu lassen? Dies ist der Dank dafür, dass derart viele Mittel und Zeit darauf verschwendet werden, dir eine anständige Ausbildung angedeien zu lassen? Dankst du nun so unserer großzügigen und gütigen Fürstin? Indem du dich beschwerst?!“ Verschüchtert zog Malyara den Kopf ein. Jedoch wagte sie noch einen Versuch. „Ich...ich frage nur, da die anderen Kinder nicht derart...intensiv ausgebildet werden...“ Die Ohrfeige schallte so laut, dass sie wohl noch außerhalb des Saales zu hören gewesen sein musste. „Du undankbares Gör solltest dich lieber auf eben jene Ausbildung konzentrieren, anstatt dumme Fragen zu stellen!“, schnappte die Gouvernante. Dann fuhr sie fort als wäre nichts gewesen. „Als nächstes wird der Fisch serviert. Welches Besteck wird dafür verwendet und welcher Wein wir dazu gereicht? Und beim Sonnenbrunnen, lass den Rücken gerade!“